http://www.the-pit.de/reviews/d/dismal/cd/miele_dal_salice/964/index.html
Es gibt CDs, die klar sind. Bei denen man einfach sagen kann, dass sie gut sind. Oder schlecht. Man kann Gitarrensoli loben, Drums kritisieren und die Stimme des Sängers beurteilen. Das ist bei Dismal schwer. Das Trio aus Turin hat einen schwer fassbaren Bombast geschaffen. Räucherstäbchen zum Anhören vorausgesetzt.
Die Bandbiografie liest sich genauso verträumt, wie das Video oder die Homepage der Band anzuschauen sind. Die Band wurde im Juni 1995 in Italien gegründet. Drei Jahre später ging das erste Demotape unter die Leute: “Fiaba Lacrimevole - like a red bleeding rose in a glacial desert”. Hier wirkte auch zum ersten Mal Margan als Sängerin mit. Der Erstling an sich basierte damals auf drei Teilen, ein Feendrama, das mit den Metaphern und Symbolen introspektiver Erfahrung handelt.
2001 folgte „Diomosiaca“ - und Ae am Mikrophon. Nach nur vier Monaten hatte die Band alle 1000 Exemplare der limitierten Edition verkauft.
Nachdem man ein Jahr später bei DreamCell 11 Entertainment/Aural Music.SPV unterzeichnet hatte, begannen die Aufnahmnen zu “Rubino Liquido -Three Scarlet Drops…“, bei dem ein Orchester sowie Marco Calliari als Produzent mitwirkte.
Soviel zur Theorie. Schon beim ersten Stück wird deutlich, dass der Stil der Band überhaupt nicht festzulegen ist. Gothic, Progessive, oder Dark Music sagen die einen, Romantik oder Theatermusik sagen die anderen. Herr Callaiari damals nannte das Ganze einfach einen “Traum”. Daran erinnert “Miele Dal Salice“ auch ein wenig. Ein bisschen Herr der Ringe, ein bisschen Anne Rice und ganz viele Fantasy und Elfengeschichten - Dismal haben ein Ambientewerk geschaffen.
„La Conversione Di Shani“ beginnt mit einem Flüstern, verspielten orientalischen Klängen und einer Leichtigkeit, die überrascht, assoziiert man doch mit dem Begriff Romantik eher schwere dunkle Klänge. Das Gegenteil ist der Fall: Die hohen Chöre, die mystischen Gesänge - das ist zwar mehr was für die stille Stunde daheim, für Yogaübungen und Grünen Tee, aber trotzdem nicht zu verachten. Langsam mischt sich ein Zitar ein, dazu gesellt sich eine Trommel. Das Lied endet mit dem anfänglichen Chor und dem typischen Delphinlachen.
„Malia“ hingegen hat den gotischen Jahrmarkt vertont, assoziiert man doch unweigerlich weisse Clownsmasken und lange Kleider im Intro - oder die Künstlerin Victoria Francés. Ob Spiegelkabinett oder Kettenkarussell, die sanfte Stimme von Rossana Landi lädt, unterlegt von Xylophonklängen zum Träumen ein. Die Geige am Ende rundet perfekt ab ohne das Lied zu überfüllen.
„Mélisse“ hingegen ist ein schönes Klavierstück geworden, das nur der Gesang Rossanas begleitet, der hingegen mehr an irischen Folkloregesang erinnert. Der Zwischenpart, in dem einfach gesprochen wird, gestaltet das Lied interessant und plötzlich ist auch wieder die Zirkusorgel da.
„Polvere D'Ireos“ erinnert daher eher an die Kollegen von Nightwish, jedenfalls zu der Zeit, als Tarja Turunen noch das Mikro hielt. Sophranhelle Gesänge, Klavier und wieder diese unheimliche Stimme im Sprechgesang. Irgendwann in der Mitte ist erneut der Break zur reinakustischen Gitarre und dann wird die Anfangsmelodie wieder fortgeführt.
Zu „Lana“ drehte die Band sogar ein Video, das mich kurzzeitig verwirrte und vermuten liess, man habe die Bedeutung der italienischen Wörter in der Anweisung nicht richtig erraten, weil plötzlich das Bild stoppte. Nein, Lana ist mit knapp einer Minute das kürzeste Stück des Albums und geht, ohne dass man es merkt, in „La Danza Del Ragno Di Cristallo“ über. Hier singt Afelio auch hörbar mit - und sehr passend.
Das Album schliesst mit dem anfangs ruhigem „Mandiàla“, das mit monotonen Gongschlägen beginnt und über Xylophon in Geige und Drehleier, Sophrangesang, sehr vorsichtiger E-Gitarre und ein paar italienischen Abschiedsworten verläuft. Dismal stehen dem ProgMetal in Sachen bunter Mix nichts nach!
Fazit: Metaller werden dieses Album nicht mögen. Es sei denn, sie machen Yoga. Ansonsten ist das Album für den geduldigen Zuhörer äusserst geeignet. Die Mischung zwischen sanfter Ambientemusik und dem bedrohlichen Flüstern verleiht der Platte gerade genug Spannung, um nicht mehr als Hintergrundmusik zu laufen. Zudem wäre es bestimmt interessant zu entschlüssen, worüber Dismal singen. Ich spreche leider kaum Italienisch...