Doom hat in den letzten Jahren wieder Hochkonjunktur. Überraschenderweise scheint mir dabei gerade in den letzten 2 Jahren dieses Genre noch stärker als der Black Metal, das einstige Flagschiff des Konservativen, reaktionär, bzw. sehr auf Tradition ausgerichtet, finden sich doch plötzlich wieder allenthalben Truppen, die Töne der Marke Black Sabbath, Candlemass & Reverend Bizarre wieder aufleben lassen.
Die bereits seit 2006 aktiven O.68 (vorher Odpörovät 1968) aus Deutschland springen nicht ganz auf diesen Zug auf, obschon sie durchaus genrebedingt klassisch zu Werke gehen. Geboten wird auf Elend, dem ersten Full Length des Einmannprojektes, kriechender Death Doom, der zwar duch seine Langsamkeit und die erwartungsgemäß tiefen Gitarren durchaus Dunkelheit und Trauer versprühen zu vermag, oftmals aber im Gesamttonus warm und latent psychedelisch klingt - eben wie die Ursprünge des Genres. Manchmal wird es gar rockig, natürlich immernoch in gemächlichem Tempo, für Genreverhältnisse geht es aber teilweise schon ausgesprochen dynamisch zu. Veröffentlichung findet Elend über das kleine, aber interessante irische Label Ominous Silence Records, das seinen Kader vorrangig idealistisch zusammenstellt.
Anfangs vermag das Album noch keine wirklichen Begeisterungsstürme hervorzurufen, Mournau braucht ein wenig lang um zu starten, das nachfolgende Nothing But Death Remains weiß aber sofort versöhnlich zu stimmen, beginnt mit angenehm-dunkler Melodik und endend mit einem feinen Sludge-Klimax. MIt dem dritten Titel Kremation findet sich das erste deutschsprachige Stück auf dem Album, in dem man durch die gezielten Brüche und das verwendete Vokabular sowie das rrrollende R manchmal an eine tiefere Variante Totenmonds zu gemahnen weiß. Hier wird die eher psychedelisch-treibenden Seite von O.68 weiter ausgebaut, was sich so auch auf dem Album fortsetzt. Den an die guten Momente von Mourning Beloveth (minus Klargesang) erinnernden Höhepunkt stellt Mother of Negation dar, welches mit seinen singenden Gitarren und melancholischer Atmosphäre zu vereinnahmen vermag, bis es am Ende mit schwer-drückendem Rock ausklingt - mehr davon!
Akzente setzt O.68 vor allem durch die mehrmalige Verwendung deutscher Texte und der relativ guten Verständlichkeit selbiger; sind diese zwar rein textlich kaum der lyrischen Weisheit letzter Schluss, so schaffen sie es in Verbindung mit der Musik jedoch finstere, manchmal bittere Atmosphäre zu erzeugen. Zu gefallen vermag auch die mehrmalige Platzierung von Samples im Liedgut, die angenehm treffend und Ausdrucksstark sind, und den Liedern etwas hinzufügen, anstatt etwas ersetzen zu müssen. Über die Pflichtübungen wie Produktion braucht man keine Worte zu verlieren, alles passt sich hier perfekt ins Bild ein, ebenso die Gestaltung, die professionell und mysteriös daherkommt und so eine gelungene Erweiterung zur Musik darstellt.
Bis ins letzte weiß Elend jedoch noch nicht zu überzeugen. Obwohl wirklich viele Passagen zum Mitnicken verführen, so fehlen mir doch manchmal die Höhepunkte, die Gänsehautmomente. Gegen Ende werden die Songs dynamischer und variabler, was aber nicht unbedingt nötig gewesen wäre, wirkt es manchmal doch zu hektisch. Dabei sind die Aufbauten der Songs allein schon überzeugend, eher sollte mehr Fokus auf die Riffs gelegt werden, um aus guten Melodien wirkliche Ohrwürmer zu machen. Als letzter Punkt wäre noch die stimmliche Schwankung zu bemängeln; manchmal bewegt sich die Stimme in wirklich tiefen Gefilden, was absolut gefällt, in den deutschen Titeln jedoch wirkt sie mir manchmal zu schwach, zu heiser, was den Titeln leider ein wenig an Stärke raubt.
FAZIT: O.68 wissen mit ihrem Debüt zu überzeugen, wenn auch einige Fehler noch von absoluter Begeisterung abhalten. Wenn diese in Zukunft noch ausgemerzt werden, sowie atmosphärisch ein klarerer roter Faden gehalten würde, wäre ich vollends zufrieden. So bleibt es bei einer Empfehlung vor allem für Genrefans.